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HRK und DSW fordern Zukunftsvertrag für die soziale Infrastruktur
Gemeinsame Erklärung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und des Deutschen Studentenwerks (DSW):
Die Hochschulen und die Hochschulpolitik stellen in ihren Überlegungen für die Weiterentwicklung der tertiären Bildung in Deutschland in wachsendem Maße Aspekte der Qualität des Studiums heraus. Hierzu gehören insbesondere höhere Abschlussquoten, ein steigender Anteil derer, die ihr Studium innerhalb der Regelstudienzeit plus zwei Semestern abschließen, die stärkere Öffnung der Hochschulen für Bewerberinnen und Bewerber mit „nicht-traditionellen“ Bildungskarrieren, eine weitere Öffnung für Studierende in besonderen Lebenslagen oder mit Beeinträchtigungen, eine größere Durchlässigkeit zur beruflichen Bildung und schließlich auch die kontinuierliche Gewinnung internationaler Studierender.
Durch die Übertragung der genannten Ziele in die systematische Erfolgsbewertung der Hochschulen und deren zunehmende Verwendung als Grundlage von Finanzzuweisungen an die Hochschulen – beispielsweise im Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ und/oder über eine leistungsorientierte Mittelzuweisungan die Hochschulen – gewinnt diese Form der Steuerung des Hochschulsystems erheblich an Bedeutung. Für eine hohe Qualität des Studiums sind allerdings nicht nur die Qualität des Studienangebots der Hochschule und die Befähigung und Motivation der Studierenden ausschlaggebend, sondern auch die gesicherte soziale und wirtschaftliche Basis der Studierenden während ihres Studiums.
Vor diesem Hintergrund verdient das Zusammenwirken von Hochschulen und Studenten- bzw. Studierendenwerken, also der Einrichtungen, die nach den Studentenwerks- und Hochschulgesetzen der Länder für die wirtschaftliche und soziale Förderung der Studierenden und die Gestaltung der Lebenswelt Hochschule Sorge tragen, besondere Aufmerksamkeit. Die soziale Infrastruktur rund um das Studium ist konstitutiv für den Studienerfolg, Hochschulen sind daher nicht ohne Studentenwerke zu denken. Die Studentenwerke bieten als Alleinstellungsmerkmal im Hochschulraum ein breites und vernetztes Leistungsangebot von Verpflegung über Wohnen, Studienfinanzierung, Beratungs- und Unterstützungsangeboten, Kinderbetreuung, Internationales bis hin zur Kultur für Studierende und die Beschäftigten der Hochschulen und tragen somit wesentlich zur Attraktivität und Qualität der Hochschulen bei. Damit Studieren gelingt, bedarf es eines ausreichenden Angebots an preisgünstigen Wohnplätzen oder hochschulgastronomischen Einrichtungen, ebenso an psychologischen bzw. sozialen Beratungsstellen. Zur besseren Lesbarkeit wird hier nur der Begriff ‚Studentenwerke‘ genutzt; gemeint sind aber beide Ausdrucksformen,Studenten- und Studierendenwerke.
Während die Hochschulkapazitäten seit 2007 im Rahmen der gemeinsamen Hochschulpakte von Bund und Ländern ausgebaut wurden und ihre weitere Unterstützung im Rahmen des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ ab 2023 stetig erfolgen wird, zeigt sich bei den Wohnheimplätzen und gastronomischen Einrichtungen der Studentenwerke wie auch bei den Bera-tungsstellen leider ein anderes Bild. Dem Anstieg der Studierendenzahlen um 49 Prozent seit 2007steht ein Anstieg an Wohnplätzen um nur 8 Prozent und ein Anstieg der Tischplätze in den gastronomischen Einrichtungen um nur 14 Prozent gegenüber. Dieses im Vergleich zu den Studienkapazitäten deutlich geringere Wachstum der sozialen Infrastruktur wurde bislang nicht aus Programmmitteln des Bundes und der Länder, sondern ausschließlich aus den jeweiligen Lan-deszuschüssen finanziert. Um eine dem Anstieg der Studierendenzahlen gerecht werdende soziale Infrastruktur an denHochschulen bereitstellen zu können, sind nach unserer Überzeugung in den nächsten fünf Jahren - Berechnungen des Deutschen Studentenwerks folgend - rund 3,5 Milliarden Euro an Investitionen für Ausbau und Bestandsicherung erforderlich, davon für das studentische Wohnen 1,9 Milliarden Euro und für die Hochschulgastronomie 1,6 Milliarden Euro. Um die soziale Infrastruktur ebenfalls auf eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage zu stellen, schlagen wir vor, die Programmfinanzierung für das Studium durch den Bund und die Länder um eine Komponente für die soziale Infrastruktur um jährlich drei bis fünf Prozent zu ergänzen.
Berlin, 28. April 2021
Prof. Dr. Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep, Präsident des Deutschen Studentenwerks